Lügen erkennen mit Körpersprache- Das Interview

Chiara Hufschmid interviewte mich 2016 für ihre Maturaarbeit.
Hier ein Ausschnitt aus Ihrer Arbeit und unserem gemeinsamen Interview:

Die Erkennung von Lügen ist sehr schwierig, weil sehr viele Sachen berücksichtigt werden müssen. Mit dem Einhergehen einer Lüge verändert sich die verbale, paraverbale und non-verbale Kommunikation. Die Lüge kann somit an vielen Merkmalen erkannt werden. Stimme, Gesichtsausdruck, Gestik, Körperbewegungen, Atmung, Gesichtsfärbung, Schweissausbrüche und weitere Aspekte können sich beim Einhergehen einer Lüge verändern. Der Mensch achtet sich primär auf Worte und Gesichtszüge, wobei sich diese speziell zum Täuschen eignen. Ich werde in meiner Arbeit auf die Veränderungen der Mimik und Gestik bei Lügen eingehen. Bei der Auseinanderset-zung mit der Theorie wurde mehrere Male vermerkt, dass Lügen nicht nur an einem Indiz erkennbar sind. Deshalb entschied ich mich für die Cluster-Theorie, welche auf mehreren Indizien beruht.

Fachgespräch mit Herr Dubach

Zur Person

Herr Dubach arbeitet als Coach und Trainer im Bereich nonverbale Kommunikation. Er leitet Seminare zu verschiedenen Themen der nonverbalen Kommunikation. Das Thema Lügen ist für ihn vor allem deshalb interessant, weil sich seine Kunden oft danach erkundigen. Er meint, dass dies ein Bereich der nonverbalen Kommunikation ist, welcher die Leute, die sich ansonsten nicht mit Körpersprache beschäftigen am meisten interessiert. Er selbst findet es auch ein spannendes Thema und hat sich durch Lesen von mehreren Büchern Wissen ange-eignet. Ein Seminar dazu besuchte er jedoch nicht, da er der Meinung ist, dass der Inhalt der Seminare mit dem der Bücher übereinstimmt. Er findet an diesem Thema speziell spannend, dass es im Alltag Anwendung findet und die Menschenkenntnis steigert.

Lügenindizien

Die Mimik und Gestik erachtet Herr Dubach für ein ungeschultes Auge als auffälligste Komponenten der Körpersprache, die ein Lügenindiz sein können. Er findet aber, dass es ehrlichere Merkmale der Körpersprache gibt als die Mimik und Gestik. Die Füsse zum Beispiel verraten immer, ob eine Person interessiert ist oder nicht. Nur an der Mimik oder Gestik eine Lüge zu erkennen, ermisst er als nahezu unmöglich. Das Gesamtpaket aller Anzeichen der Körpersprache erachtet er als aussagekräftiger.

Je nachdem wie der Lügner denkt, dass sich Menschen beim Lügen verhalten, wird er versuchen sich entgegengesetzt zu verhalten, erklärte Herr Dubach. Personen die versuchen sich zu kontrollieren, wirken oft verkrampft.

Es gibt fast eine endlose Liste von Indizien, die auf eine Lüge hinweisen können, meint Herr Dubach. Er hat einige besonders erwähnt. Seines Wissens sind Indizien einer Lüge unter anderem, wenn sich jemand weniger als normalerweise bewegt. Auch vermehrt hastige Bewegungen erachtet er als Indizien. Als weitere Hinweise auf eine Lüge betrachtet er Berührungen im Gesicht und allgemein Selbstberührungen. Ein Anzeichen kann ein vom Normalverhalten häufigeres oder selteneres Blinzeln oder Wegschauen sein. Vor allem ungeübte Lügner haben oft das Gefühl, ihnen könne die Unsicherheit direkt von den Augen abgelesen werden. Der starre Blick kann vor allem dann ein Hinweis sein, wenn sich eine Person bereits ein wenig mit dem Thema Lügen auseinandergesetzt hat und dadurch annimmt, dass genau das Wegschauen als Lügenindiz betrachtet werden könnte. Beim Verlegenheitslächeln kommt es auf den Kontext an, ob es eine Lüge sein kann. Das hin und her Bewegen auf einem Stuhl oder eine Positionsänderung, zum Beispiel das Drehen auf eine Seite, kann auch auf eine Lüge hindeuten, diese Anzeichen gehören aber nicht in den Bereich der Mimik und Gestik.

Eine Lüge kann auch an Emotionen, die nur in einem Bruchteil einer Sekunde im Gesichtsausdruck durchsickern, erkannt werden. Diese Mikroexpressionen sind für ein geschultes Auge erkennbar. Aber auch diese lassen sich mit Übung verhindern, wobei es schwer ist, sich so gut kontrollieren zu können, erklärte er mir. Für Häftlinge oder Pokerspieler wird die Motivation dies zu können sehr hoch sein, sagte er und folgerte daraus, dass eine gut ausgebildete Person notwendig wäre, um herauszufinden, ob solche Personen lügen.

Seine Erkennungsmethode

Am besten erkennbar ist die Lüge, wenn nicht nur ein sondern mehrere Hinweise sichtbar sind. Die ganze Verhaltenspalette ist von Bedeutung, daraus ergeben sich schliesslich Muster anhand derer auf eine Lüge geschlossen werden kann. Unsicherheit sollte sich z. B. nicht nur anhand der Mimik äussern, sondern auch anhand der Gestik und weiteren möglichen Lügensignalen. Er meint, dass mindestens drei Signale gleichzeitig auftreten sollten, um eine gewisse Sicherheit zu haben, dass es sich um eine Lüge handelt.

Dürfte er nur eine Regel sagen, wäre es die Folgende:

Wenn sich die Person anders als üblicherweise verhält. Eine normalerweise ruhige Person würde sich dementsprechend unruhig verhalten und umgekehrt. Das Verhalten im Ganzen muss sich ändern, damit er misstrauisch wird. Wenn sich die Person nicht mehr authentisch verhält, zieht er in Erwägung, dass es sich bei der Aussage um eine Lüge handelt.

Schwierigkeiten

Damit eine Lüge anhand der Körpersprache erkannt werden kann, muss man zuerst wissen, wie sich die Person normalerweise verhält, meint er. Sonst kann nicht beurteilt werden, ob das Verhalten auf die Individualität der Person zurückzuführen ist oder ob die Verhaltensänderung einen anderen Ursprung hat und es sich dabei womöglich um eine Lüge handelt. „Je besser man jemanden kennt, desto besser erkennt man auch, ob die Person schwindelt oder lügt.»

Schwierig findet er, dass je besser sich jede Person selbst beobachtet und merkt wie sie sich während der Lüge verhält und je besser sie sich des eigenen Verhaltens bewusst wird, desto besser kann sie daran arbeiten, die Indizien zu vermeiden. Die Körpersprache kann kontrolliert werden, dies erschwert die Erkennung. Die Lügenerkennung ist zudem schwierig, weil jeder Mensch individuell ist und deshalb das Wissen, wie jemand sich üblicherweise verhält, für das Feststellen einer Lüge wichtig ist.

Persönliche Erfahrung

Die Erfahrung bringt sehr viel. Alles was über Jahre geübt wird, bekommt man mit der Zeit ins Gefühl und entwickelt dafür ein Gespür. Das Wissen fliesst in die unterbewusste Wahrnehmung. Er erzählte mir eine gute Veranschaulichung für den Prozess. Diese lautet: „Wenn man mit Autofahren beginnt, konzentriert man sich auf jedes kleine Detail aber mit der Zeit fährt man automatisch.» Als Herr Dubach einen Kurs durchführte, erlebte er einen Teilnehmer, der ganz offensichtlich log. Dies war anhand mehrerer Indizien erkennbar. Herr XY kam zu spät und Herr Dubach fragte ihn nach dem Grund. Zuerst war Herr XY ruhig und auffällig lange still. Er wusste vermutlich nicht was er sagen wollte, da er sich noch keine Lüge überlegt hatte. Ein weiteres Zeichen war, dass er sich auf die Lippen biss. Das kommt speziell dann vor, wenn etwas nicht über die Lippen kommen sollte. Als er schliesslich sagte, dass ihm etwas dazwischen kam, schaute er weg. Zu guter Letzt berührte er noch mit der Hand das Kinn.

Vergleich des Fachgespräches mit Herr Dubach und der Theorie

Im Interview mit Herr Dubach wurde mir erneut klar, wie wichtig es ist, ein breites Spektrum an potenziellen Lügensignalen zu haben, die den Rahmen von Mimik und Gestik auch sprengen, um eine Lüge gut erkennen zu können. Es bestätigte nochmals, dass sich eine Lüge sehr vielseitig äussern kann und es sicher von Vorteil ist, wenn ein umfangreiches Wissen betreffend der Erkennung von Lügen vorhanden ist. Er erachtet es aber als möglich, eine Lüge ein-zig anhand der Körpersprache aufzudecken, wenn mindestens drei Indizien miteinander auf-treten. Seine Theorie stimmt mit der Cluster-Theorie sehr gut überein.

Bezüglich Mimik und Gestik meint er, dass es fast eine endlose Liste möglicher Lügenhinweise gibt, was mit der Literatur, mit welcher ich mich auseinandersetzte übereinstimmt. Als Indizien nannte er unter anderem, wenn jemand verkrampft wirkt. Dies kann vorkommen, wenn versucht wird sich zu kontrollieren. In meiner erarbeiteten Theorie ist dies bei der „Anzeichen der Gestik» vermerkt. Vermehrt hastige Bewegungen können auch ein Hinweis sein, was auch bei der Gestik erwähnt ist. Wenn jemand oft wegschaut oder das Gegenteil, wenn jemand sehr starr wirkt, sind dies auch Indizien. Auch in diesem Punkt stimmen die Aussage des Interviews und die Theorie sehr gut überein. Eine erhöhte Frequenz beim Blinzeln wird auch in der Theorie und im Interview erwähnt. Jegliche Selbstberührungen nannte mir Herr Dubach als Lügenindizien. In der Theorie wird dies unter dem Stichwort Manipulatoren beschrieben. Auch anhand von Emotionen, speziell von Mikroexpressionen, die nur kurz erkennbar sind, kann eine Lüge aufgedeckt werden, erwähnte er. Zudem nannte er noch weitere Merkmale, die die Körpersprache betreffen, aber nicht die Mimik und Gestik und deshalb nicht in meiner erarbeiteten Theorie einbezogen sind.

Am wichtigsten schien ihm aber, dass sich das Verhalten bei der Lüge verändert. Für die Lügenerkennung ist es deshalb wichtig zu wissen, wie sich jemand normalerweise verhält. Die Individualität wurde demzufolge auch wieder erwähnt.

Text aus

Lügenerkennung anhand von Mimik und Gestik
von Chiara Hufschmit
Gymnasium Biel-Seeland
Maturajahrgang 2016
Klasse 16e

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