Flirten und Körpersprache:
Steigen die Temperaturen, steigt auch die Flirtbereitschaft.
Ein Tagesanzeiger-Artikel mit mir als Körpersprache- Experte.
Zeitungsartikel mit Etienne Dubach,
verfasst von Tina Fassbind.
Link zum Artikel finden Sie hier
Wenn der Frühling sein blaues Band wieder durch die Lüfte flattern lässt, wenn die steigenden Temperaturen den Anteil textilfreier Körperbereiche erhöht und alles im Freien zusammenkommt, dann wogen die Pheromone durch die Stadt wie ein unzähmbarer pyroklastischer Strom. Dann steigt die Lust am Schäkern.
Flirten ist ein Tanz, bei dem stets die Leichtigkeit des Seins mitschwingt. Ein Flirt verfolgt kein Ziel und ist immer und überall möglich. Auch in diesem Augenblick! Legen Sie die Zeitung kurz beiseite, schauen Sie von Ihrem Bildschirm auf. Vielleicht entdecken Sie etwas Flirtenswertes?
Der Zivilstand des Gegenübers ist dabei völlig irrelevant, schliesslich geht es ja nicht um die Wurst, sondern einfach um das spielerische Annähern. In Zürich dürfte die Zahl williger Spielpartner allerdings etwas grösser sein als anderswo: Es leben deutlich mehr Ledige als Paare in eingetragenen Partnerschaften oder Verheiratete in der Stadt, und rund die Hälfte der Privathaushalte werden von Einzelpersonen bewohnt.
Wie jedes Spiel kennt auch das Flirten gewisse Gesetzmässigkeiten und Regeln, an die man sich halten sollte. Die Frage ist: Woran erkennt man den Unterschied zwischen einem netten Gespräch und einem Flirt? Wann kommt der Moment, wo aus der Tändelei mehr wird? Wir haben Etienne Dubach befragt, Experte für nonverbale Kommunikation und Körpersprache, und zeigen am Beispiel der (Heteros) Leo und Emma, wie es funktionieren könnte.
Phase 1 – Der Blick, eine Einladung
Sie ist Leo sofort aufgefallen. Obwohl die Bar proppenvoll ist, hat er sie ganz hinten an einem Tisch entdeckt. Seither lässt er sie nicht mehr aus den Augen. Er steht ein wenig abseits von seinen Kumpels am Tresen, spannt die Schultern, reckt sich. Auch Emma hat Leo gleich registriert, als er zur Tür hereinkam. Sie sieht zu ihm hin, wie er da so am Tresen steht. Ihre Blicke treffen sich. Beide lächeln. Emma wendet sich wieder ihren Freundinnen zu, nur um kurz darauf erneut zu Leo rüberzuschauen. Wieder treffen sich ihre Blicke. Bloss schaut Emma dieses Mal nicht mehr weg…
Etienne Dubach: «Wenn ein Mann flirtet, macht er sich grösser und stellt sich breitbeiniger hin, um Frauen zu imponieren – er schlägt quasi das Pfauenrad. Das Wichtigste beim Flirten sind aber die Blicke: Halten beide den Augenkontakt eine Sekunde lang, dann ist das eine eindeutige Einladung.»
Phase 2 – Kontaktaufnahme
«O.k., los gehts», sagt sich Leo, nimmt sein Bier und bahnt sich einen Weg durch das Lokal zu Emmas Tisch. «Darf ich?», fragt er sie und zeigt auf den Stuhl neben ihr. «Klar», sagt sie und räumt ihre Tasche weg. Leo versucht, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. «Recht schön hier, nicht? Aber ich hoffe, dein Drink schmeckt besser als mein Bier», sagt er und Emma lacht – vielleicht ein wenig zu lange. Egal. Das Eis ist gebrochen. Sie beginnen zu plaudern über dies und das, müssen immer wieder lachen. «Er ist witzig», denkt sie und streicht sich gedankenverloren eine Strähne aus dem Gesicht. «Sie ist clever», denk er und neigt sich etwas näher zu ihr hin.
Dubach: «Am Lachen erkennt man, ob die Chemie zwischen zweien stimmt: Je synchroner das Lachen, desto grösser die Chance, dass sie zusammenkommen. Wenn man sein Gegenüber spiegelt, also vieles ähnlich macht, dann führt das dazu, dass sich der andere wohlfühlen und lockerer wird. Ein klares Anzeichen für Interesse am Gegenüber ist auch, wenn die Frau mit ihren Haaren spielt, mit ihren Händen über ihren Hals oder ihre Arme streift.»
Phase 3 – Erste Berührung
«Mein Drink ist zwar besser als dein Bier, aber das Glas ist fast leer», sagt Emma irgendwann und will aufstehen, um sich ein neues Getränk zu holen. Dabei streift sie mit ihren Knien sein Bein. Leo bemerkt es. Er legt seine Hand auf ihren Arm, sagt «Der nächste Drink geht auf mich» und ruft nach der Bedienung. Die Hand lässt er auf ihrem Arm liegen. Sie zieht ihren Arm nicht weg. So bleiben sie einen Moment lang sitzen und sehen sich an – bis sie die Bedienung mit einem schroffen «Was darf denn sein?» unterbricht.
Dubach: «Die erste Berührung geht meist vom Mann aus, die Einladung dazu gibt die Frau: Wenn sie offen ist dafür, kommt sie ihm näher, streift ihn vielleicht ganz nebenher. Berührt ein Mann die Frau allerdings zu früh oder macht zu rasch konkrete Avancen, dann ist das Vertrauen weg.»
Phase 4 – Aus dem Flirt wird mehr
Leo und Emmas Cliquen haben genug von der Bar. «Wir ziehen mal weiter», sagt Emmas Freundin. Leo packt die Panik: «Geht sie jetzt weg, und ich sehe sie nie wieder?» Seine Furcht ist unbegründet. «Ich bleibe noch ein wenig», sagt Emma. Kaum sind alle weg, flüstert Leo ihr etwas ins Ohr, das sie erneut lächeln lässt. Insgeheim sind sich beide sicher, dass dieser Abend nicht mit einem freundlichen Händedruck enden wird.
Dubach: «Männer reden gelassener und mit tiefer Stimme, wenn sie geübt flirten. Ihre Bewegungen werden ruhiger, sie blinzeln sogar weniger. Damit wollen sie Selbstbewusstsein signalisieren: Ich bin das Beste, was du finden kannst.»
Keine Phase – was oft schiefgeht
Nicht immer läuft beim Flirten alles so geschmeidig ab wie bei Emma und Leo.
«Männer haben eine lange Leitung», sagt Kommunikationsexperte Etienne Dubach. Es könne eine Weile dauern, bis ein Mann merke, dass eine Frau etwas von ihm wolle – oder eben nicht. Daher wäre es laut Dubach «wohl ein Traum» für Männer, wenn Frauen einfach sagen würden, was sie möchten oder ob sie überhaupt Interesse haben. «Die meisten Männer wären froh um klare Verhältnisse und mehr Forschheit», sagt er. Aber Flirten bleibt eben ein Spiel – manchmal mit dem Feuer.